Der Markt für Elektrofahrzeuge wächst schnell. In 5 bis 10 Jahren werden grosse Mengen an gebrauchten Batterien auf den Zweitmarkt kommen. Diese können den Strommarkt massiv beeinflussen.
Batterien werden seit Jahrzehnten vor allem in Kleingeräten und als Starterbatterien in Autos verwendet. Seit einigen Jahren aber auch vermehrt als Traktionsbatterie für Elektrofahrzeuge eingesetzt. In den letzten Jahren sind die Preise für diese stark gesunken. Gleichzeitig hat sich die Qualität verbessert und die Energiedichte erhöht. Dieser Trend wird weitergehen. So kündigte Bosch unlängst an, bis 2020 die Energiedichte zu verdoppeln. Tesla baut seine Gigafactory und wird die Preise damit weiter senken.
Seit kurzem werden Batterien auch für die Optimierung des Eigenverbrauchs von Fotovoltaikanlagen eingesetzt. Dieser Markt ist zukunftsträchtig aber noch ist unklar, wie er sich in der Schweiz entwickeln wird. Deutschland hat mit über 20’000 installierten Batterien bereits den Tatbeweis erbracht. Hierzulande ist die Automobilbranche schon einige Schritte weiter. Im Jahr 2015 wurden allein vom Tesla Model S mehr Autos verkauft als von der Mercedes S-Klasse, dem Audi A7, dem BMW 7er und dem Audi A8 – zusammen genommen. Dieses und nächstes Jahr kommen mindestens zwei weitere, spannende Autos mit grosser Reichweite (über 300km) auf den Markt: der Chevrolet Bolt und der Tesla Model 3. Weitere Fahrzeuge mit grosser Reichweite sind von fast allen Herstellern angekündigt.
Die Auswirkungen für den Strommarkt sind nicht absehbar
Warum ist dies für den Strommarkt von Relevanz? Batterien in Elektrofahrzeugen sind deutlich grösser als jene im Haushalt. Des Weiteren werden bereits heute deutlich mehr Batterien für Elektrofahrzeuge verkauft als für Haushalte. Wenn die Fahrzeugbatterien nach 5 bis 10 Jahren ausgebaut werden, stehen diese für den Zweitmarkt zur Verfügung.
Die Mengen, die auf uns zukommen, sind gewaltig: Gehen wir sehr vorsichtig von 10’000 verkauften Fahrzeugen (ca. 3 Prozent Marktanteil) mit einer Batterie von 60kWh in 2020 aus, so entspricht dies einer Energiemenge von 600MWh. Dies erscheint nicht viel, das Kernkraftwerk Mühleberg erzeugt diese Menge in unter zwei Stunden. Allerdings können diese Batterien auch die gleiche oder sogar eine deutlich höhere Leistung als das Kernkraftwerk Mühleberg liefern oder aufnehmen. Und sollten sich Elektrofahrzeuge stärker durchsetzen als in unserer Annahme, könnten die gesamthaft verkauften Batterien schnell eine höhere Leistung aufweisen als alle Schweizer Kraftwerke zusammen.
Ob und für was diese Batterien nach dem Ausbau aus den Autos genutzt werden, ist noch unklar. Für weitere Anwendungen müssten sie umgebaut werden. Sollte allerdings eine Zweitnutzung kostengünstig möglich sein, so kann es sein, dass Ein Grossteil der Fotovoltaikanlagen mit solchen Batterien ausgestattet wird. Oder die Batterien werden zu einem «Kraftwerk» gebündelt, um Regelenergie zu erbringen. Die EKZ, ein Schweizer Energieversorger, macht dies bereits heute mit einer 1000 kWh-Batterie. In Zukunft würden dafür die Batterien von nicht einmal 20 Fahrzeugen benötigt.
Bedeutung für die BKW
Die BKW als grösster Verteilnetzbetreiber der Schweiz wäre von einem massiven Einsatz von Batterien im Netz besonders betroffen. Ein ländliches Netz, wie das der BKW, kann weniger neue Kapazitäten aufnehmen als ein städtisches Netz.
Daher entwickelt die BKW bereits heute Lösungen, um Batterien und Photovoltaikanlagen ins Netz zu integrieren oder nutzen zu können. Weitere Lösungen und Produkte sind in Entwicklung.
Zwei Beispiele seien genannt:
- Durch unsere Anwendung smartRSA (Steuerung von Verbrauchern) werden die vorhandenen Boiler in der Nacht dynamisch geschaltet, um Energie günstiger einkaufen zu können. Bereits heute wird dabei die Netzkapazität berücksichtigt. Diese Nutzung von Boilern ist derzeit einzigartig in der Schweiz und in Europa. In Zukunft kann diese Technologie genutzt werden, um das Netz in kritischen Situationen zu entlasten, indem zum Beispiel die Ladung von Elektrofahrzeugen kurzfristig unterbrochen wird.
- Im Bereich Home Energy bauen wir ganzheitliche Lösungen für Einfamilienhäuser. Hierzu werden eine Fotovoltaikanlage, eine Wärmepumpe und eine Batterie so kombiniert, dass möglichst viel Energie der Fotovoltaikanlage im eigenen Haus genutzt werden kann. In Zukunft könnten Batterien auch genutzt werden, um das Netz zu entlasten.
Konkrete Prognosen sind an dieser Stelle noch schwierig. Es gilt daher, Entwicklungen aufmerksam zu beobachten, die richtigen Schlüsse zu ziehen und die Zukunft aktiv mitzugestalten.
Hallo Matthias
Vielen Dank für diesen Input. Dieses Modell hilft einer Regionalisierung und könnte z.B. ein Rechenzentrum in Interlaken (lokaler Arbeitgeber) autonom sicherstellen. Letzthin habe ich den folgenden Artikel gelesen http://www.ceekon.ch/de/Aktuell/Blog/Newsdetails.35.html?newsid=35, wobei ich mir die Frage gestellt habe, ob die alten Battieren zu Ladestationen zusammengeschlossen werden könnten und im Sinne einer „Relais-Station wie im alten Wilden Westen“ entlang der Durchfahrtsrouten anstelle der Pferde die Batterien der LKW’s (unser Logistik-Rückgrat) ausgetauscht und wieder aufgeladen (gegen eine Pfandgebühr).
Super Artikel über solaranlagen. Weiter so!
Hallo Matthias
Vielen Dank für den coolen Ausblick. Da kommt massiv etwas auf uns zu.
Ich habe mich mit dem Bundesamt für Statistik kurzgeschlossen und folgende Grössenordnungen für die Speichermasse erhalten, die bereits heute (in der Schweiz) auf der Strasse ist:
Das sind ca. 250 MWh, verteilt auf 7531 Elektroautos. Tendenz schnell wachsend.
Weil nicht nur jedes Jahr viel mehr Elektroautos dazu kommen, sondern auch die Speichergrösse pro Fahrzeug zunimmt. Während i3, Zoe und Leaf heute noch im Bereich von bescheidenen 20 kWh sind, stehen morgen bei den gleichen Autos 30 kWh und bei neuen Modellen wie Chevy Bolt oder Tesla III schon 60 kWh im Büchlein.
Somit heisst eine Verdoppelung des Fahrzeugparks eine Vervielfachung der Speichermasse.
Guten Abend
Interessante Perspektiven, es fehlt aber im Artikel ein Hinweis, wie das Recycling funktioniert und ob die Batterie nachher wieder vollwertig funktioniert. Ich betreibe eine Fotovoltaik-Speicher-Anlage (11 kWh, Li-Fe-Mn-Phosphat) und bin deshalb an den Fortschritten im Speicherbatterien-Markt sehr interessiert.
Beste Grüsse
Ob und wie die Batterien wiederverwendet werden, ist noch offen. Sie degenerieren natürlich, ausserdem kostet es, die Batterien aus- und umzubauen. Sollte es aber wirklich so sein, dass Recyclingbatterien den Markt verändern, ist es erstaunlich zu sehen, welche Mengen an Batterien zur Verfügung stehen würden.
Der Beitrag über Batterien finde ich interessant. Überhaupt ist ja klar, eine Lösung für Energiespeichern würde den globalen Energieproblem sehr nachhaltig beeinflüssen. Haben Sie hierfür neuere Information über die Entwicklung?
Äusserst interessanter Artikel. Aber weshalb werden die Batterien von Autos erst nach deren Ausbau im Netz genutzt? Wenn das Auto nicht gebraucht wird könnte es doch bereits als Energie-Buffer genutzt werden.
Natürlich, aber dazu sind die Autos derzeit nicht ausgelegt. Der Artikel soll aufzeigen, welche Mengen an Speichern auf uns zukommen, nicht wie die konkrete Entwicklung aussieht. Durch Nutzung des Hoch- und Niedertarifs ist ein erster Schritt getan, intelligentere Steuerungen sind aber möglich und sinnvoll.
Lieber Martin Wetzel
Erste Projekte für die Nutzung der Batterien als Puffer im Netz gibt es bereits in Holland. Voraussetzung ist, dass die Dichte an Elektroautos sehr hoch ist (Holland hat ein effizientes Förderprogramm) und dass die Ladung der Fahrzeuge gesteuert werden kann (entweder durch Kommunikation mit dem Fahrzeug bzw. Ladegerät, dem Kabel bzw. In Cable Controll Box ICCB oder der Ladestation), um damit Lastmanagement zu machen. Die nächste Stufe ist dann bidirektionales Laden, sodass auch Leistung aus der Batterie ins Netz abgegeben werden kann, was etwas komplexer und interessanter ist.
Hier ist der Link auf den Bericht des Projekts von TheNewMotion mit TenneT in den Niederlanden:
http://www.thenewmotion.com/de/international-news/weltpremiere-sonderrolle-elektrischen-autos-fur-stabiles-stromnetz/
Und hier ist gleich noch ein Link auf ein Projekt, wo Autobatterien für Netzzwecke verwendet werden. Diesmal sogar bidirektional, V2G. Technisch sind sich Ladegeräte von Elektroautos und Wechselrichter von Solaranlagen sehr ähnlich. Hier lässt sich Potenzial erschliessen.
http://ecomento.tv/2016/03/03/nissan-elektroautos-als-energieversorger/